St. Johannes Kirche

Im Herzen von Neheim steht unübersehbar die als "Sauerländer Dom" bekannte Pfarrkirche St. Johannes-Baptist. Die Pfarrkirche symbolisiert den religiösen Mittelpunkt der Schützenbruderschaft. Die enge Verbundenheit zu ihr drückt sich schon im Namenszusatz "St. Johannes Baptist" aus.
Der amtierende Pfarrer zu St. Johannes Baptist ist Präses der Bruderschaft. Zu allen wichtigen Anlässen der Bruderschaft werden hier die Festgottesdienste abgehalten. Es besteht eine starke Verzahnung zwischen der Schützenbruderschaft und den Gremien der Pfarrgemeinde Neheim und Voßwinkel (Pfarrgemeinderat, Kirchenvorstand).

Geschichtliches

Der letzte Stadtbrand wütete in Neheim am 10. April  1807. Fast alle Wohnhäuser, Nebengebäude, Rathaus, Schule und Vikarie wurden vernichtet. Auch die damalige Kirche wurde betroffen. Die Grundsteinlegung der neuen Kirche an einem neuen Platz erfolgte am 21. September 1819. Die Benediktion (Segnung) erfolgte 1822; die Konsekration (liturgische Weihe) 1825. Zwischenzeitlich wurden die Gottesdienste in Kapellen oder der Notkirche abgehalten.
Die neue Kirche war ein Gebäude mit flacher Decke. Die Grundfläche betrug 432 m² und bot ca. 500 Menschen Platz. Bedingt durch die um sich greifende Industrialisierung wuchs die (katholische) Bevölkerung bereits 50 Jahre nach dem Neubau auf 2.600 Personen, 1892 auf nahezu 6.000 Personen an. Aus diesem Grund wurde der Plan eines Erweiterungs- oder Neubaus in Angriff genommen.

Baugeschichte

Der Kirchenvorstand unter Pfarrer Heinekamp beauftragte die Kölner Architekten Odenthal u. Rüdell mit der Planung und dem Bau einer Kirche im neuromanischen Stil, ausführbar in zwei Bauabschnitten.

1. Bauabschnitt

Im ersten Bauabschnitt wurden Chor, Kreuzschiff und 2 (Ost-)Türme für ca. 150.000 Mark der alten Kirche vorgebaut. Baubeginn 20. April 1892, Grundsteinlegung 26. Juni 1892. Zum Jahresende 1892 wurde Pfarrer Heinekamp Regens in Paderborn. Nach einer Bauzeit von ca. 18 Monaten wurde der 1. Bauabschnitt unter dem jetzt neuen Pfarrer Dr. Balkenhohl beendet. Die Benediktion erfolgte am 1. November 1893.Vorhanden waren Hochaltar, Kanzel, Kommunionbank, 2 Beichtstühle, Kirchenbänke u. Chorgestühl. Marien-u. Johannesaltar (Stiftungen der Schützenbruderschaft bzw. des Männergesangvereins "MGV Cäcilia") wurden im Jahr 1894 "nachgeliefert".

Aus Spendengeldern gingen insgesamt 38.000 Mark ein,

  • 6.800 Mark für den Hochaltar,
  • je 2.000 Mark für die Seitenaltäre,
  • 1.000 Mark für die Kommunionbank.
  • 6.560 Mark fü die 5 Chorfenster

Anfallende Arbeiten wurden vorwiegend durch Neheimer Handwerksmeister ausgeführt. Die Ausnahme bildeten die 5 Chorfenster. Diese wurden von dem Kölner Glasmaler Schneider angefertigt.

2. Bauabschnitt
Der zweite Bauabschnitt wurde etwa 17 Jahre später unter Pfarrer Müting nach Plänen und Kostenvoranschlägen von Hermann Wielers (Bochum) durchgeführt. Bestehende Pläne der Architekten Odenthal u. Rüdell wurden erheblich abgewandelt und reduziert. Die Kosten beliefen sich aber trotzdem noch auf 185.000 Mark. Das Langhaus wurde um das Gewölbe am Westturm verringert. Der Turm wurde wuchtiger und in seinen Details ausgeprägter gestaltet. Baubeginn war im März 1911, Benediktion am 4. April 1912, Richtfest des Westturms 6. Juli 1912, Konsekration 7. Juli 1913.

Architektonische Daten der Pfarrkirche St. Johannes-Baptist
Dreischiffige Basilika im neuromanischen Stil mit Kreuzschiff, 2 Osttürmen, 1 Westturm.
Größte Länge = 67m, einschl. Mauer und Treppe = 75m
Größte Breite = 44m, lichte Höhe Mittelschiff = 20,5m
Höhe Osttürme = 41m, Höhe Westturm incl. Hahn u. Kreuz = 83,6m

Renovierungen

Wie bei allen Bauwerken dieser Größenordnung fallen auch bei der St. Johannes-Kirche im Laufe der Jahrzehnte Renovierungsarbeiten, oft in beträchtlichem Umfang, an.

1936/37
Erste Renovierung. Kirchenmaler Eduard Goldkuhle bemalt die Wandflächen im Chor mit Kreuzgemälden.

1952/53
Das Gesimse im Bereich des Westturmes wird komplett überholt. Im Innenraum wird das Gewölbe im Bereich des Orgelfernwerks saniert.

1955/56
Unter Beteiligung des sauerländischen Malers Ernst Suberg werden die Bereiche über den Eingangstüren, die Orgelrückwand und Chorwandflächen mit Bildern ausgemalt. (Hl. Josef mit Josefskirche, Hl. Michael mit Michaelskirche)

1965
Das im September 1965 an der Sankt Johanneskirche errichtete Franz-Stock-Denkmal wurde durch den Bischof Michon aus Chartres eingeweiht. Es deutet ein Gefängnis an und einen Engel, der von oben her seine rettende Hand ausstreckt. Die Aufschrift auf dem Denkmal lautet: "Franz Stock, Priester Christi, Bote des Friedens, Zeuge göttlicher Liebe in einer Welt voller Hass."

1968
Unter Leitung von Dipl.-Ing. Maria Schwarze, Köln, wird der gesamte Innenraum neu gestaltet. In der Vierung wird gemäß den Vorgaben des 2. Vatikanischen Konzils eine Altarinsel mit Zelebrationsaltar geschaffen. Als Material wurde Rüthener Grünsandstein gewählt. - Entwurf: Franz-Josef Greitemann aus Sundern-Stockum. Im Rahmen dieser Umbaumaßnahme wird der neue Fußboden auf ein tieferes Niveau verlegt. Außerdem wird eine neue Heizungsanlage installiert.

1983
Ausbau, Reinigung und neue Verbleiung aller Fenster. Eine Schutzverglasung aus Knorpelglas wird angebracht. (Knorpelglas wegen der guten Durchsicht und Wärmedämmung) . Im Chorjoch werden die 1945 als Folge auftretenden Überdrucks bei Brückensprengungen zerstörten Obergadenfenster erneuert. (Glaserarbeiten Fa. Peters, Paderborn) Die anfallenden Anstrich-u. Ausmalarbeiten führt der Kirchenmaler Friedhelm Heisel, Herne, aus.

1988
Die Rasendecke im Außenbereich der Johanneskirche wird erneuert. Am 11. Dezember wird die Skulptur Graf Gottfried IV. enthüllt. Sie ist eine Kopie des im Dom zu Köln befindlichen Originals.

1993
Am 16.Mai wird die auf dem südöstlichen Kirchengelände errichtete "Totenleuchte" durch Bischof Paul Nordhues eingesegnet. Dieses Mahnmal erinnert an die Zerstörung des Möhnesee-Staudamms und die damit einhergehende Katastrophe in der Nacht vom 16. zum 17. Mai 1943. In den ungebändigten Fluten des Möhnesees verloren 1285 Menschen ihr Leben. Das Mahnmal wurde auf Initiative von Pfarrer Franz Schnütgen bei dem Bildhauer Bernhard Kleinhans (Sendenhorst) in Auftrag gegeben. Die Kosten von 35.000,-DM wurden aus Kollekten, Spenden und Rücklagen der Pfarrgemeinde bestritten.

1995
Der alte Heizungskeller wird zur Krypta ausgebaut. Die Krypta wird für das Laiengebet, von Jugendgruppen und zur Vorbereitung der Kinder auf den sonntäglichen Gottesdienst genutzt.
Anläßlich des Hochamtes zum Schützenfest erklang erstmals wieder am 24. Juni die von Heinz Lausmann, Vorstandsmitglied der Schützenbruderschaft, betriebsbereit gemachte sogenannte "Wandlungsglocke".

1996
Die Firma Sauer (Höxter) restauriert Teilbereiche der Orgel. 2 Trompetenregister werden verbessert, im Oberwerk wird ein neues Waldflötenregister eingebaut, ein elektronischer "Setzer" zum programmieren von 256 Registrierungen wird angeschafft.

1997
Die "Graf Gottfried" - Skulptur wird am 13. Juni beschädigt. Ein Fuß des Hundes und das Schwert werden abgebrochen.

1998
Ab September des Jahres wird der "Sauerländer Dom" mit einer Videoüberwachungsanlage ausgerüstet. Am 12. November erfolgt eine Inspektion der Außenhaut des gesamten Bauwerks. Hierzu mußte ein "60-Meter"-Kran eingesetzt werden. Festgestellt wurden Risse im Gesims, Auswaschungen der Fugen und weitere Schäden, die eine umfassende Sanierung erforderlich machen.

2000 - 2004
Umfangreiche Sanierung in fünf Bauabschnitten:

  • 1. Bauabschnitt von 2000 bis 2001 der Westturm (ca. 1.322.000 €) außerdem am 5. Oktober Weihe der neuen Christus-Glocke durch Bischof Consbruch
  • 2. Bauabschnitt von 2001 bis 2002 der Chor und die Chorapsis und die Chorflankentürme (ca. 1.279.000 €)
  • 3. Bauabschnitt von 2002 bis 2003 das Mittelschiff, die Seitenschiffe und das Querschiff (ca. 1,015.000 €)
  • 4. Bauabschnitt im Jahr 2003 die Grundmauern, der Sockel, die Treppen, die Eingänge, die Grundleitungen und Außenanlagen (ca. 229.000 €) 
  • 5. Bauabschnitt im Jahr 2004 die lnnenrenovierung (ca. 760.000 €)

Gesamtinvestitionsvolumen: rnd. 4.605.000,00 € davon waren 25 % als Eigenanteil von der Gemeinde aufzubringen: rnd. 1.151.250 €

Glockenspiel Neheim

2007
Am 21. Juni 2007 übergibt die Schützenbruderschaft das Neheimer Glockenspiel an die Stadt Arnsberg. Standort: direkt an der St.-Johannes-Kirche, neben der Totenleuchte zur Möhnekatastrophe. Die Feierstunde wurde von den Geistlichen Präses Jung und der Pfarrerin Pakull begleitet.

Einrichtungen

Eine Linie des Geschlechts von Neheim wird Lehensträger

Die Geschichte der Johanneskirche ist auch eine Geschichte der in ihr befindlichen Einrichtungsgegenstände. Einige sollen hier kurz beschrieben werden.

Glocken
Vier der sechs vorhandenen Bronzeglocken beschlagnahmte 1917 das "Deutsche Reich" für Kriegszwecke. 1920 wurden vier beim "Bochumer Verein" bestellte Gußstahlglocken geliefert. Die verbliebenen zwei Bronzeglocken beschlagnahmte das "Dritte Reich" 1942. Hierbei wurde die größte Glocke, die sog. "Agatha-Glocke" von 1859 im Turm zersägt. Am 24.Juni 1945 erhält die Pfarrei die sog. "Wandlungsglocke" (Baujahr 1790) zurück.

Fenster im Kreuzschiff
1930 wurde am südlichen Fenster eine brüchige Verbleiung festgestellt. Nach Plänen der Fa. Peters, Paderborn, gab die Pfarrei neue Fenster in Auftrag. Der Einbau erfolgte gegen Ende des Jahres 1931. (Motive: Hl. Bonifatus, Hl. Petrus, Kaiser Heinrich)
Die Fenster an der Nordseite (Motive: Hl. Elisabeth, Hl. Anna, Hl. Notburga) wurden zusammen mit sechs Rundfenstern der Apsiden im Juli 1932 montiert. Die Kosten der großen Fenster beliefen sich auf 10.600 RM. Die Rundfenster schlugen mit 780 RM zu Buche.

Orgel
1927 besichtigten der Rendant und der Organist der Johanneskirche die Domorgel in Paderborn. Dort erhielten sie eine Vorführung durch den Erbauer Anton Feith. Dem Kirchenvorstand wurde von Feith ein Angebot (Orgel mit 4 Manualen, 1 Pedal, 71 klingende Register, Fernwerk) in Höhe von 54.000 RM unterbreitet. Bei Lieferung im Jahr 1929 betrugen die endgültigen Kosten 58.784,30 RM. Das Pfeifenwerk der Orgel war im Westturm versteckt. Drei übereinanderstehende Jalousien leiteten den Klang ins Kircheninnere. Die Weihe der neuen Orgel fand am 9. Mai 1929 statt. Die alte Orgel wurde nach Heringhausen bei Bestwig verkauft.
Im Rahmen von Energiesparmaßnahmen sollte die Orgel 1980 so umgebaut werden, dass sie keine Kaltluft von außen ansaugt. Dieses Vorhaben wurde von Orgelbauexperten ausgiebig geprüft. Ihre Empfehlung: Die Orgel sollte komplett restauriert werden ! - Die damit verbundenen Kosten betrugen mehr als 400.000 DM. Am Palmsonntag 1984 wurde die restaurierte Orgel eingeweiht.

Beleuchtung
Nach 1945 wurde die Pfarrkirche durch Langfeld-Kronenleuchter beleuchtet. Neheimer Fabrikanten hatten diese gestiftet. Später sorgten 150 Strahler mit einer Leistung von 6.000 Watt für das rechte Licht. 1994 erfolgte die Umstellung auf ein Halogenlicht-System (12 Brennstellen / 2.500 Watt); im Zuge der Renovierung 2000-2004 erfolgete eine erneute Umstellung.

Kunstwerke

Wie jede größere Pfarrkirche verfügt auch St. Johannes-Baptist über einen reichen Schatz an Kunstwerken bzw. Kunstgegenständen. Hierbei ist nicht unbedingt die Auflistung in Kunstkatalogen der wertbringende Faktor. Tradition spielt hier eine große, in materiellen Werten nicht zu erfassende Rolle.

Triumpfkreuz

Das Triumpfkreuz ist das älteste und wertvollste Kunstwerk der Kirche. Datiert wird es mit Ende 13. Jahrhundert bzw. Anfang 14. Jahrhundert. Es ist aus Eichenholz gefertigt und trägt die Symbole der vier Evangelisten in Medaillons an den Kreuzenden. Die Ruhe ausstrahlende Darstellung der Christus-Figur war üblich in der romanischen Kunst. Das geneigte Haupt und die übereinandergeschlagenen Füße deuten bereits auf die beginnende Gotik hin.

Sixtinische Madonna
Das dem Maler Raffael nachempfundene Gemälde ist ein Geschenk des Kronprinzen von Preußen. Der spätere König Friedrich-Wilhelm IV. besichtigte es nochmals 1853 während einer Durchreise durch Neheim.

Der Barbara-Altar
Der Barbara-Altar ist eine Stiftung der Bruderschaft zu ihrem 300-jährigen Jubiläum im Jahre 1907. Er kostete seinerzeit 2.000 Mk und ist ein eindrucksvolles Prunkstück der Pfarrkirche.

Kreuzweg
Der Kreuzweg, angefertigt 1881, stammt von dem Münchner Maler Franz Krombach. Die 14 Stationsbilder hingen zuvor in St. Marien, Kamen-Methler. Die Einweihung in St. Johannes fand 1979 statt.

Herz-Jesu-Altar
Der Tabernakel wurde für die Präsentation des Kreuzostensoriums hergerichtet. Das Kreuzostensorium, ein monstranzähnliches Gerät für die Zurschaustellung der Kreuzreliquie, stammt aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Kreuzpartikel befinden sich in der hochovalen silbernen Kapsel. Die Kapsel ist auf das Jahr 1779 datiert. Etwa 1780 erhielt die Johanneskirche die Kreuzreliquie aus dem kaiserlichen Schatz zu Wien. Dort soll ein echtes, größeres Stück des Kreuzes Jesu sein. Seit der Herrichtung des Herz-Jesu-Altars übernimmt er die Funktion der früheren Kreuz-Altäre. Das Altarbild wurde von dem Neheimer Maler Ritterbach geschaffen. Es zeigt im Hintergrund die Johanneskirche mit Westturm und das ehemalige Rathaus. Die Gesichter der Figuren in diesem Altar zeigen Portraits Neheimer BürgerInnen.

Hochaltar
Im Relief des Unterbaus ist das Gotteslamm mit Kreuzfahne abgebildet. Das schreinartige Retabel mit vier alttestamentarischen Szenen soll den Zusammenhang zwischen Altem und Neuem Bund verdeutlichen. Im Retabel-Auszug ist eine Darstellung des Opfertodes Christi zu sehen, eingefaßt von den Evangelistensymbolen und ganz außen flankiert von Engelstatuetten. Die Kreuzblume bekrönt den Auszug.

Gnadenstuhl
Die Gestaltung des Gnadenstuhls fällt aus dem sonst üblichen Rahmen. Die Heilig-Geist-Taube wird von einem Siebenpaß umschlungen. Zu Füßen Gottvaters ist Christus nicht wie üblich als Gekreuzigter, sondern als Opferlamm auf einem Podest (wahrscheinlich Schlachtbank) abgebildet.

Weitere Kunstgegenstände, wie eine Hostiendose aus dem 16. Jahrhundert, wertvolle Monstranzen u. Meßgewänder aus der Renaissencezeit befinden sich im Diözesanmuseum zu Paderborn.

Info: Die nachfolgenden Daten zur Johanneskirche wurden von Ansgar Volmer, Ehrenvorstandsmitglied der Bruderschaft, erarbeitet und zur Verfügung gestellt und bei Bedarf durch die Redaktion ergänzt; zahlreiche Fotos sind von Wolfgang Detemple.